Aus einem klimatisierten SUV unmittelbar in die Realität eines Flüchtlingslagers einzutauchen, hat etwas unleugbar Perverses. Leid besichtigen. Man hält sich an die Kinder, weil sie in ihrer Unschuld den komischen Fremden frech beäugen und grinsend ihre ersten Englischkenntnisse präsentieren. Die Erwachsenen beantworten meine Fragen nicht minder aufgeschlossen, aber man spürt ihre Erschöpfung. Und am Ende des Besuchs muss ich den bewaffneten Soldaten nur zunicken, um das Lager zu verlassen können und irgendwo hin zu fahren oder zu fliegen. Die Welt steht mir offen. Nur mir. Keiner hier kann mir folgen. Wieso eigentlich? Was ich mitnehme ist das Bewusstsein um die Toppriorität. Bildung. Schaufelt soviel Schule und Lehrer in die Lager, wie ihr könnt! Es dient allen – diesen Menschen und den Gesellschaften zu denen sie irgendwann weiter ziehen. Im Lager hat UNICEF ein Dibagah-got-Talent organisiert. Es zerreisst einem das Herz, weil es gut gemeint ist, aber auch zynisch interpretiert werden kann. Talent heißt eben noch lange nicht Chance.
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